Kuchenbacken und Geburtstagfeiern

Was braucht man für einen Zitronenkuchen „Großmutter Helga“ in Tansania?

 

Zuerst einmal Internet um das Rezept, was man sich per E-Mail zuschicken lassen hat, lesen zu können. Da das Internet zuhause im entscheidenden Moment natürlich nicht funktioniert hat, beziehungsweise das Hotspot-fähige Handy mit Olivers Schwester zur Arbeit gegangen ist, bin ich zum Internetcafé gegangen. 

Das hatte leider noch zu. Eine Weile habe ich dort gewartet und währenddessen Backpulver gekauft. Nach einer kleinen Pikipikitour (Motorradtaxi) durch Mtwara musste ich feststellen, dass alle noch zu hatten. Ich war wohl etwas übermotiviert um kurz vor acht aus dem Haus gegangen und Öffnungszeiten sind recht flexibel. Nach einer Weile hat ein „Internetcafé“ tatsächlich aufgemacht. Anführungszeichen, weil mir ein Laptop mit Hochzeitsfoto als Desktophintergrund in die Hand gedrückt wurde.

Hier das Rezept:

 

Zitronenkuchen "Großmutter Helga"

4 Eier mit 200g Zucker schaumig schlagen,

200g Butter schmelzen (in Afrika bestimmt unnötig), etwas abkühlen lassen und dazu geben.

200g Mehl mit 2TL Backpulver mischen und unterheben.

40 min. bei 180° backen. (möglichst auf Backpapier)

Abkühlen lassen, stürzen, mit dem Löffelstiel viele Löcher reinstechen.

Saft von 3 Zitronen , 1TL zerlassene Butter und 200g Puderzucker verrrühren und löffelweise darüber verteilen.

2 Tage durchziehen lassen.

Guten Appetit!

 

Mit der Einheit „Gramm“ kann hier fast niemand was anfangen. Es wird immer nur in viertel, halben und ganzen Kilos gerechnet. Hier ist es üblich die Kinder zum Einkaufen zu schicken. Ich habe also Ima, den Sohn von Olivers Schwester geschickt vier Eier, ein viertel Kilo Zucker, ein viertel Kilo Mehl und ein Töpfchen Blueband zu kaufen. Blueband ist Margarine. Butter aus Milch habe ich noch nie gesehen, ist aber vielleicht auch unpraktisch, schließlich ist Butter bei dreißig Grad flüssig. Blueband ist bei dreißig Grad noch fest, wird aber ganz weich, wenn man es in die Sonne auf das Wellblechdach stellt. Das habe ich zuerst gemacht.

Dann habe ich den Teig in einer Schüssel mit Kochlöffel gerührt. Mama Salvina, die Freundin von Olivers Bruder, hat mir einen Topf eingeölt und eingemehlt, mit der Hoffnung, dass sich der Kuchen nach dem Backen aus dem Topf lösen lässt. Eine Backform hatten wir nicht zur Verfügung und was Backpapier ist, habe ich nicht geschafft zu erklären. Währenddessen sind Noemi und Salvina um uns herum gewuselt und ich hatte Angst dass mir eine in den Teig fällt.

 

Mama Salvina hatte zwar noch nie einen Kuchen gebacken, aber Brot. So hat sie den Backvorgang übernommen,das Geburtstagskind das Teigschlecken.  

Auf den Topf mit dem Teig, kommt dann ein Deckel und darauf heiße Kohlen und wird auf den Kohleherd mit ganz wenigen heißen Kohlen gestellt.  

Nach einigen Minuten habe ich mal reingespickelt, da war der Kuchen schon ein bisschen aufgegangen. Nach einer halben Stunde hat es dann super lecker gerochen und der Teig war durch. Er ist kein bisschen im Topf geklebt und sieht richtig nach Kuchen aus! 

Am liebsten hätten wir ihn gleich angeschnitten.

Der Zuckerguss hat uns ein wenig Schwierigkeiten bereitet, da wir keinen Puderzucker hatten. Wir haben versucht Zucker zu zerstampfen. Der ist zwar schön fein geworden aber nicht wie Puderzucker. Beziehungsweise sind die ganz feinen Teile davongeflogen. Gemischt mit Limettensaft wurde es aber doch ein etwas gröberer dunkler Zuckerguss.

Wir hätten den Kuchen auch so lassen können, aber alle meinten eigentlich muss ein Kuchen bunt sein und beschriftet. Also habe ich mich mit Oliver auf die Suche gemacht nach buntem Zuckerguss. Dabei haben wir Puderzucker gefunden, der hier als „icing sugar“ bekannt ist und grüne und rote Lebensmittelfarbe in Pulverform.

Mit Zahnstochern ließ sich der Kuchen ganz gut bemalen. Und Noemi und ihre Cousins und Cousinen haben sich über bunten Zucker zum Ausschlecken gefreut.

 

So viel zum Kuchenbacken, jetzt geht’s weiter mit dem (Kuchen-)Essen. 

Natürlich gab es nicht nur Kuchen zum Essen. Hier kocht Mama Ima fünf Kilo Pilau (Gewürzreis), Fleisch mit Kartoffeln und Bohnen. (Kartoffeln kommen hier ins Gemüse bzw. zum Fleisch und werden zu Reis gegessen.) Pilau wird mit Knoblauch, Zimt, Kardamom, Zwiebeln, Nelken etc. gewürzt. Die Gewürze werden vorher in reichlich Öl angebraten. Pilau gibt es meistens bei Festen und an Feiertagen. Ich finde es superlecker!

 

Wir wollten keine große Feier und haben deshalb auch niemanden eingeladen. Hätten wir gesagt, dass wir eine Feier machen, hätte sich die ganze Nachbarschaft selbst eingeladen, der Hinterhof wäre zu eng geworden und wir hätten Getränke kaufen müssen. So war es ein gemütliches Familientreffen. Die Kinder haben zuerst ihr Essen bekommen und danach die Erwachsenen.

 

 

Bei Feiern werden normalerweise zuerst Reden gehalten, der Kuchen angeschnitten, sonstige Rituale gehalten und dabei Fanta und Bier getrunken. Das Essen kommt zum Schluss, danach klingt die Feier mit Musik und Tanzen aus und wer müde ist kann gehen.

Wir haben das umgedreht und zuerst gegessen und dann den Kuchen angeschnitten. Bei Hochzeiten ist es ein elementares Ritual den Kuchen anzuschneiden. Also die Braut schneidet den Kuchen an und füttert den Bräutigam und der Bräutigam die Frau. Als Symbol dafür, dass sie füreinander sorgen werden. Bei uns hat das Geburtstagskind alle Anwesenden gefüttert. Natürlich wurde auch gesungen und Noemi hat ein paar Geschenke bekommen.

Obwohl hier in Tansania der Geburtstag nicht wichtig ist. Viele Leute wissen nicht mal wann sie Geburtstag haben, geschweige denn dass er gefeiert wird. Falls aber jemand sein Geburtsdatum kennt und zu dem Zeitpunkt Zeit und Geld hat, schmeißt schon mal eine Party.

 

Heute ist schon wieder ein Feiertag. Kürzlich habe ich einen Kalender angeschaut und festgestellt, dass am 9. Dezember Unabhängigkeitstag ist. Vom 12. Dezember stand da nichts. Gestern Abend hat Olivers Mama mich gefragt, ob ich morgen arbeiten gehen würde, schließlich sei Feiertag. Maulidi ist ein Muslimischer Feiertag und hängt davon ab, ob man den Mond sieht, oder nicht. Was genau gefeiert wird konnte mir in dieser christlichen Familie niemand erklären, nur dass es irgendwas mit Neujahr zu tun hat.

 

Bis bald eure Franzi

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Gabi klein (Freitag, 13 Januar 2017 00:56)

    Hallo Franzi,
    es ist wieder sehr schön zu lesen. Du machst dir echt viel Mühe, aber damit deine kleine Tochter glücklich und die Angehörigen auch.
    Ich hatte übrigens wie Noemi auch am 10.12. Geburtstag. :-)
    Alles Gute für deine Kleine.
    Liebe Grüße
    Gabi aus Stuttgart